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Energie K

Die Energiewende ist für die Deutschen beschlossene Sache:

Rund 93 Prozent unterstützen die stärkere Nutzung und den Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit die Abkehr von Kohle und Atom. Mit dem Atomausstieg bis 2022 und einer fast vollständigen Stromversorgung durch nachwachsende Rohstoffe nach 2050 wurde in puncto Energie- und Klimapolitik nicht nur in Deutschland viel versprochen. Wie steht es also um den erhofften Wandel?

Kaum im Amt, revidierte Donald Trump die Klimapolitik von Barack Obama. Insbesondere kündigte er das Comeback der US-Kohle an, verbunden mit gelockerten Auflagen. Eine kurzsichtige Entscheidung, selbst bei Leugnung des Klimawandels: Fossile Energieträger sind endlich, die Erneuerbaren sind es nicht. Selbst wirtschaftliche Aspekte sprechen inzwischen eindeutig für die „Renewables“, denn ihre Gestehungskosten sinken stetig. Schon heute sind Off-Shore-Windbetreiber teils nicht mehr auf die wirtschaftliche Abpufferung durch die Förderung des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG) angewiesen.
Doch der Energiemarkt ist hart umkämpft, und die fossile Industrie(lobby) kämpft um ihre Pfründe. So sieht z.B. die Ökonomin und Energieexpertin Claudia Kemfert im Interview mit dem Wochenmagazin „Die Zeit“ die interessensgeleitete Energie- und Infrastrukturpolitik als Grund für hohe Verbraucherstrompreise. Würden Kohlekraftwerke weiter abgeschaltet, wenn Wind und Sonne genug Strom liefern, wären die Preise an der Strombörse stabiler und die EEG-Umlage niedriger. Zudem sei der Staat laut Kemfert auch in Sachen Infrastruktur nicht konsequent genug. Zum Beispiel dienen zwei von drei Trassen dem Transport von ineffizientem Kohlestrom.

Stromriesen hemmen Fortschritt

Würde Deutschland also konsequenter handeln, wären die Stromkosten deutlich niedriger – auch für die Verbraucher. Dass die großen Energieversorger an den alten Strukturen festhalten, erklärt sich durch ihr Quasi-Oligopol bei den Fossilen und der geringen Marktmacht bei den Erneuerbaren. Die übermächtig erscheinenden, global agierenden Energiekonzerne arbeiten daher einerseits auf eine zentrale Energiewende hin, um ihr fossiles und nukleares Altgeschäft kostengünstig über die Solidargemeinschaft abzuwickeln.
Andererseits schieben sie den Wandel so lange wie möglich auf, um das Maximum aus getätigten Investitionen herauszuholen und sich in den neuen Strukturen mit erneuten Oligopol-Mechanismen einzurichten. Unzählige, diversifizierte Investoren, Unternehmen und Bürger wirken darauf hin, dass es nicht so weit kommt. Sie wollen dezentrale Strukturen für billige und saubere Energie schaffen. Die große Koalition in Berlin unterstützt derzeit zentrale Bestrebungen – umso bedeutender sind die Unternehmen, die an der dezentralen Transformation des Energiesystems arbeiten.

China legt vor

Beim Blick auf Berlin ist das Vorgehen Pekings umso beeindruckender: China hat – nicht zuletzt dank der Smog-Problematik im Land – die Wichtigkeit erkannt, konsequent auf saubere Energie und die Abkehr von Kohle zu setzen – und handelt entsprechend. Entgegen der landläufigen Meinung, auch entgegen der Internationalen Energieagentur, ist der Verbrauch von Kohle in China signifikant rückläufig. Die Erklärung ist nicht im verminderten Wirtschaftswachstum zu suchen, denn nach wie vor nimmt die ökonomische Leistung ja zu. Vielmehr ist der starke Ausbau von Wasser-, Sonnen- und Windkraftwerken dafür verantwortlich.
Die Renewable-Zubauraten stiegen in den letzten fünf Jahren weltweit kontinuierlich an, die Investitionskosten sanken gleichzeitig. Skaleneffekte verbilligen die Technologie weiter – Rückenwind für die Erneuerbaren. Eva Beletti, Geschäftsführerin des Solarmodulherstellers Talesun Germany GmbH bestätigt das auch für Deutschland: „Die Modulpreise sind deutlich gefallen, und es lassen sich mit Photovoltaik ordentliche Renditen erzielen. Deshalb wurde zum Jahresende 2016 sowohl bei Freiland- als auch bei Aufdachanlagen mehr gebaut. Der Trend setzt sich auch in diesem Jahr fort.“

Intelligenz in die Erneuerbaren bringen

Innovative Stromspeicher- und Pooling-Konzepte unterstützen diesen Trend. Gerade mittelständische Player können den Markt überzeugen. Ein führendes Unternehmen ist hier die Fenecon GmbH, die im vergangenen Jahr den Energy Award für ihr Energiepartnermodell erhielt: Die Stromspeicher der Kunden werden gebündelt, das Unternehmen vermarktet den gewonnenen Strom an den Energiehandelsplätzen. So lassen sich Einnahmen und Einsparungen erzielen, die den Kunden als Freistromkontingente gutgeschrieben werden.
Der Pooling-Effekt wirkt zudem netzstabilisierend: „Wenn Energiespeichersysteme ausschließlich den Eigenverbrauch selbst produzierten Stroms erhöhen sollen, werden sie zu einer Gefahr für die Energiewende. Ihr netzdienlicher Einsatz muss das Ziel sein“, erläutert Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer der Fenecon GmbH. „Unser Energiepartnermodell erfüllt genau diesen Zweck. Eigenheime werden so zu Smart Homes, unbürokratisch und demokratisch.“

Licht ins Dunkel

Manchen gelten Stromspeicher daher als Schlüssel für die Energiewende. Schließlich gilt es, Dunkelflauten ohne konventionelle Kraftwerke abzufangen. Mit der Wasserstofftechnologie steht womöglich bald ein weiterer Baustein zur Verfügung, um Energie netzdienlich zu speichern und bereitzustellen; die Hannover Messe hat hier dieses Jahr einmal mehr interessante Konzepte gezeigt. Geht die Entwicklung so weiter, wird die Energiewende gelingen und auch ewig gestrige wie Donald Trump ad absurdum führen.

Stephan Wild