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Banane

Fair geht immer besser

Das sind doch mal gute Nachrichten: Erstmals knackte der Umsatz mit Fairhandelsprodukten im Sommer die Milliardengrenze. Das gute Gewissen ist den Deutschen also immer mehr wert: „In den letzten drei Jahren haben sich die Fair-Handels-Umsätze verdoppelt. Das ist für uns ein klares Signal, dass es immer mehr Menschen in Deutschland wichtig ist, mit ihrer Konsumentscheidung zu einer menschenwürdigen und fairen Produktion unserer Alltagsgüter beizutragen“, meint dazu Manuel Blendin, Geschäftsführer des Forum Fairer Handel, des bundesweiten Netzwerkes des Fairen Handels in Deutschland, das sich um die öffentliche Wahrnehmung des Fairen Handels in Deutschland kümmert.

Logo weltladenIn diesem Netzwerk sind viele Akteure vertreten, wie der Weltladen-Dachverband e.V., die Fair-Handels-Importeure Gepa, El Puente, dwp eG, BanaFair e.V., Globo und Naturland. Importierte Produkte aus dem Süden sind vorwiegend Kaffee, Früchte, Kakao, Zucker sowie Reis und andere Körner aber auch Kunsthandwerk und Handarbeiten, die in Eine-Welt- und Bioläden, aber auch in Supermärkten sowie über das Internet verkauft werden.

 

Fair auch meist Bio

Zu 77 Prozent sind es Lebensmittel, die ein faires Siegel tragen. Fast immer, nämlich zu 80 Prozent sind sie auch biologisch erzeugt, so berichtet das Forum Fairer Handel. Bei Bananen, den Lieblingsfrüchten der Deutschen, sind es sogar 96 Prozent. Die fair gehandelten Südfrüchte kommen vor allem aus Peru, der Dominikanischen Republik und Ecuador. Sie stammen aus Plantagen, die entweder Kleinbauern und ihren Selbsthilfeinitiativen, kleinbäuerlichen Genossenschaften oder Betrieben gehören, die sich zur Einhaltung sozialverträglicher Arbeitsbedingungen, den Schutz von Ressourcen und Umwelt und Bildungsmaßnahmen verpflichtet haben – dafür erhalten sie den Fairhandelsaufschlag und eine Prämie, über deren Verwendung demokratisch vor Ort entschieden wird.

Zertifizierung und Kontrolle

Den größten Anteil am Fairhandelsumsatz in Deutschland – 78 Prozent – haben Waren mit dem bekannten grünschwarzblauen Fairtrade-Siegel, das der 1992 gegründete gemeinnützige Verein TransFair vergibt. fairtradeDer Verein repräsentiert 40 Organisationen aus den Bereichen Entwicklungszusammenarbeit, Kirche, Sozialarbeit, Verbraucherschutz, Genossenschaftswesen und Bildung, er kümmert sich um Marketing und betreibt Öffentlichkeitsarbeit. TransFair wiederum ist Mitglied der Internationalen Dachorganisation der Siegel-Initiativen (Fairtrade-Label-Organisation) FLO e.V., welche die Standards für fair gehandelte Produkte setzt. Zertifiziert wird durch eine unabhängige Gesellschaft, die FLO-Cert. Handelspartner, die nach Fairtrade-Standards Produkte anbauen und handeln möchten, werden von FLO-CERT auditiert und zertifiziert.

FLO-lizensierte Importeure oder Fair-Handelsorganisationen sind fast alle Mitglieder der Internationalen Dachorganisation der Fair-Handels-Akteure, der World Fair Trade Organization, WFTO. WFTO global medium cmykSie führt ein Monitoring-System, basierend auf zehn Prinzipien für den Fairen Handel, bei ihren derzeit 370 Mitgliedern und 40 angeschlossenen Gesellschaftern durch, das die Gewährleistung der Fairhandelsbedingungen garantieren soll.
Für Europa gibt es auch noch eine eigene Vereinigung, die European Fair Trade Association EFTA, in der sich zehn Import-organisationen in neun europäischen Ländern zusammengeschlossen haben, um den Fairen Handel effektiver zu gestalten – zum Beispiel, indem sie sich über Handelspartner und Produkte austauschen und Monitoring-Aufgaben untereinander aufteilen. Produzenten-Organisationen, die weder von FLO-CERT zertifiziert werden noch WFTO-Mitglieder sind, werden über das Monitoring-System der EFTA erreicht.

Beim Kaffee ist noch mehr drin

Die Botschaft scheint hierzulande also angekommen, aber die 13 Euro, die jeder Deutsche pro Jahr im Durchschnitt mehr für eine angemessene Bezahlung von Plantagenarbeitern in Kaffee, Kakao oder Bananen ausgibt, sind steigerungsfähig: Schweizer und Briten machen es vor, sie berappen 57 bzw. 33 Euro für gerechtere Löhne in den Herkunftsländern. Vielleicht machen auch die Flüchtlingsströme den Menschen hier nun deutlich, wie ungerecht der erwirtschaftete Reichtum auf der Erde verteilt ist – so sehr, dass die Arbeiter aus den Ländern, wo unsere Lieblingsprodukte herkommen, von ihren Löhnen nicht leben können.
Beim wichtigsten bzw. meist gehandelten Rohstoff nach Erdöl, dem Kaffee, tut sich etwas, sicher auch dank vielfältiger Initiativen und Beschlüsse beispielsweise von Gemeinden, nur noch fair gehandelte Produkte für kommunale Einrichtungen einzukaufen. Viele Kommunen bieten auch „ihren“ speziellen Kaffee in Eine-Welt-Läden und örtlichen Lokalen zum Kauf an. Doch bisher werden nur drei von hundert Tassen Kaffee hierzulande fair genossen – gerade mal drei Prozent des gesamten Kaffeeabsatzes – obwohl sich der Umsatz mit fairem Kaffee in den letzten drei Jahren in Deutschland verdoppelt hat.

Zauberwort Planungssicherheit

Den alternativen Fairhandelsimporteuren geht es nicht um größtmöglichen Gewinn wie konventionellen Händlern. Sie werden meist getragen von gemeinnützigen Vereinen, die aus Solidaritätsbewegungen entstanden sind. Vertrauen und ein ständiger guter Draht zu den Anbauern sind Voraussetzung, um zum Beispiel mit Vorfinanzierungen zu einer gelungenen Ernte beizutragen. Fällt eine Ernte schlecht aus, trägt das Risiko der Importeur mit. Da das Hauptziel des fairen Handels ist, mit Hilfe von gerechten Löhnen, den Bauern- und Arbeiterfamilien in den Herkunftsländern eine Perspektive für die Zukunft zu bieten, sind langfristige Verträge die Grundlage der Zusammenarbeit. Denn nur, wenn die gezahlten Preise sich nicht am stetigen Auf und Ab des Marktes orientieren, sondern vorhersehbare Größen sind, mit denen sich rechnen und planen lässt, können die Produzenten nicht nur gerade so über die Runden kommen, sondern auch ihre Kinder zur Schule schicken und selber Fortbildungen und Investitionen für die nächsten Jahre anpacken.

Fair auch hier

Dies gilt hier genauso wie dort: Denn es sind nicht nur die früheren so genannten Kolonialwaren aus dem Süden, die ihren Erzeugern auf Grund des Marktwettbewerbs schlechte Preise bringen – auch hierzulande bekommen immer mehr Bauern weniger für ihre Produkte, als sie für den Fortbestand ihrer Betriebe benötigen. Besonders für Milch wird derzeit wegen des Wegfalls der Milchquote in der EU weniger bezahlt, auch Getreidepreise unterliegen wegen Spekulationen an den Börsen großen Schwankungen. Glücklicherweise ist Bioware hier stabiler: sie ist begehrt und weniger auf dem Markt als nachgefragt. Und ohnehin im Preis meist besser und fairer kalkuliert. Genossenschaften und Molkereien, an denen die Erzeuger beteiligt sind, verdienen es daher, vom Kunden besonders beachtet zu werden.

Trotzdem oft nicht teurer

Noch dazu muss er im Laden oft nicht mehr oder nicht viel mehr für ein fair gehandeltes Produkt bezahlen – und kann dennoch mit gutem Gewissen geniessen. Viele Importeure oder Händler kalkulieren mit kleineren Margen als große Konzerne, um mit ihrem Produkt im Wettbewerb mitzuhalten und die Kunden nicht zu verlieren. Wichtig ist allein, dass es dem Verbraucher ein Anliegen ist, dass derjenige, der seinen Frühstückskaffee gepflückt hat, nicht Hunger leiden muss, während er selbst im Überfluss hat.

Andrea Reiche