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Honig Glas

Schätze aus dem Bienenstock

Honig gehört zu den ältesten Lebensmitteln der Welt. Lange bevor der Mensch sesshaft wurde und Bienen als Nutztiere zu halten begann, war er als Honigjäger unterwegs. Das belegen steinzeitliche Höhlenmalereien. Dass die fleißigen Sammlerinnen nicht nur den süßesten Brotaufstrich, sondern auch eine ganze Apotheke zu bieten haben, hat man nach und nach gelernt. Nur die wichtigste Erkenntnis ist noch nicht überall angekommen: Wenn wir die Bienen nicht schützen, sieht irgendwann nicht nur der Frühstückstisch ärmer aus.

 Albert Einstein stellte eine düstere Prognose: Sollten die Bienen verschwinden, würde der Mensch nur noch vier Jahre überleben. Der Film „More than Honey“, der 2012 in den Kinos lief, hat auf drastische Weise an diese Warnung erinnert. Man denke nur an den skurrilen Anblick der Arbeiter, die schon heute auf asiatischen Plantagen per Pinsel die Obstbäume bestäuben.
Tatsächlich gefährdet die konventionelle Landwirtschaft durch Monokulturen, Pestizide oder Gentechnik nicht nur das Leben der Bienen, sondern ihre eigenen Grundlagen. Denn die meisten Nutzpflanzen sind auf Bestäubung durch Insekten angewiesen. Nur bei ein paar Kulturen wie Roggen oder Mais erledigt der Wind diese Aufgabe. Und auch selbstfruchtende wie Raps sind ertragreicher, wenn sie zuvor von Bienen besucht wurden. Die Imker leisten mit ihren Völkern also einen zentralen Beitrag zur Lebensmittelversorgung, aber auch zum Erhalt von Natur und Artbiene2envielfalt. Denn wie Einstein schon sagte: „Keine Bienen mehr, keine Bestäubung mehr, keine Pflanzen mehr, keine Tiere mehr…“      

 

Konkurrenzlos im Insektenreich

Der sprichwörtliche Fleiß der Biene wird durch beeindruckende Zahlen belegt, die kein anderes Bestäubungsinsekt erreicht: Um 500 Gramm Honig zu produzieren, sammeln die Arbeiterinnen Pollen und Nektar von rund 10 Millionen Blüten und legen dabei über 50.000 Kilometer zurück. Im Stock angekommen, wird die Ernte an die Stockbienen weitergegeben und mit Hilfe von Enzymen in Fructose und Glucose, also in Frucht- und Traubenzucker, aufgespalten. Allein durch ihren Flügelschlag entziehen die Insekten dem entstandenen Honig Wasser, um ihn zu konservieren und in den Waben einlagern zu können. Der Großteil dient dem Volk und seinen Nachkommen als Nahrung. Nur ein Teil wird vom Imker nach einer Reifezeit von wenigen Tagen geschleudert und abgefüllt.
Dass er dabei die Sorte so genau bestimmen kann, verdankt er der Natur der Biene: Als einziges Insekt ist sie blütenstet, das heißt, sie sammelt im Umkreis von etwa drei Kilometern nur die Nahrung, die gerade vorherrscht. Insofern kann der Imker seine Stöcke gezielt in Sammelgebieten aufstellen, in denen die gewünschte Bienenweide blüht. Sind es beispielsweise die Blüten von Akazien, Heide oder Raps, entsteht ein entsprechender Blütenhonig mit heller Farbe und eher fester Konsistenz. Dunkler und flüssiger ist der Wald- oder Tannenhonig, der von den Bienen durch Sammeln von Honigtau auf Blättern und Nadeln produziert wird. Wie viel Abwechslung allein in Bayern geboten ist, zeigt das Sortiment von Imkerei Oswald und Bio-Biene, zwei Mitgliedsbetrieben der TAGWERK-Verbraucher-und-Erzeuger-Genossenschaft.

Ernte für Genuss und Gesundheit

Indem die Bienen ihren Honig in die Hauptbestandteile Fructose und Glucose aufspalten, stellen sie einen Energiespender mit hohem Nährwert und doppeltem Nutzen her: Während die Glucose schnell ins Blut geht und Energie spendet, dient die Fructose als Reservoir für kommende Anstrengungen und wird zunächst in der Leber abgebaut. Gleichzeitig werden dem Honig gesundheitsfördernde Eigenschaften zugemessen. Ein Beispiel kennen die meisten aus ihrer Kindheit: die warme Milch mit Honig bei ersten Erkältungserscheinungen.
Viele Naturmediziner vertrauen seiner antibakteriellen, verdauungsfördernden, kreislaufstärkenden und entgiftenden Wirkung und machen sich dabei die besonderen Stärken einzelner Sorten zunutze. So wird Thymianhonig beispielsweise bei Atemwegserkrankungen eingesetzt und Heidehonig bei Blasen- und Nierenbeschwerden. Manukahonig, den das Bremer Familienunternehmen Walter Lang von Partnern aus Neuseeland importiert, soll durch seinen hohen Gehalt an Methylglyoxal antiseptisch und wundheilend wirken.
Als Apotheke aus dem Bienenstock dient allerdings nicht nur der Honig: Propolis, auch Bienenkittharz genannt, wird innerlich und äußerlich wie ein natürliches Antibiotikum angewendet. Gelee Royale, das exklusive Futter der Bienenköniginnen, soll Wohlbefinden, Leistungskraft und Gedächtnis stärken. Und Blütenpollen, schon von den alten Wikingern als „Ambrosia“ geschätzt, dient mit seiner Fülle an Vitaminen und Mineralstoffen als Immunstimulanz. Die Firma Hoyer aus dem bayerischen Polling bietet eine umfangreiche Palette an Bienen-Gesundheitsprodukten mit Lutschtabletten, Trinkampullen, Kapseln und Extrakten in Bio-Qualität.

 

Bio macht den Unterschied

Ob Honig, Gelee Royale oder Met: Damit Bio-Qualität entsteht, muss der Imker viele Faktoren beachten. Das heißt zunächst, dass er seine Stöcke nur in ökologisch intakten Trachtgebieten mit reichem Nahrungsangebot aufstellt – und da beginnt schon das Problem. Jonas und Daniel Scholz lösen es, indem sie ihre Bienen nicht nur auf der Hersbrucker Alb weiden lassen, sondern mit einem Teil auf Wanderschaft gehen. Dabei steuern sie Öko-Regionen wie die Colbitz-Letzlinger Heide, den Pfälzer Wald oder die Märkische Schweiz an. So bekommen sie zum einen ihre Tiere satt, zum anderen gewinnen sie sortenreine und besonders hochwertige Honige wie Akazie, Linde, Edelkastanie oder Tanne. Als Bioland-Imker dürfen die Honigwanderer nur Bienenkästen verwenden, die aus Naturmaterialien wie Holz, Lehm und Stroh gebaut und mit schadstofffreien Farben gestrichen sind. Auch synthetische Chemikalien sind verboten, damit keine Rückstände in den Honig gelangen können. Stattdessen kommt beispielsweise zur Vorbeugung der Varoa-Milbe organische Ameisen-, Milch- oder Oxalsäure zum Einsatz. Hohe Anforderung an Reinheit gibt es auch beim Wachs. Jonas und Daniel Scholz verwenden es nur für die Mittelwände im Brutraum, denn im Honigraum dürfen ihre Bienen Naturwaben bauen. Das entspricht ihrem Wesen und kommt dem Konzept der artgerechten Haltung entgegen, die bei Öko-Verbänden wie demeter, Bioland und Naturland eine zentrale Rolle spielt. Der wesentliche Unterschied zwischen konventionellen und ökologischen Imkern lässt sich wohl am besten so auf den Punkt bringen: Den einen geht es um maximale Erträge. Den anderen um Qualität und Bienenwohl.

Bienenretter in Aktion

Wer in ländlichen Regionen üppige Getreide-, Mais- oder Rapsfelder sieht, wird kaum vermuten, dass gerade hier oft der Hungertod auf Bienen wartet. Die einen Kulturen haben ihnen nichts zu bieten, die anderen blühen zeitlich begrenzt – und ringsum gibt es aufgrund von Monokulturen und Unkrautvernichtung keine Alternativen. Deshalb sehen viele Imker in der Stadt neue Möglichkeiten, da Parks, Alleen und natürlich auch Balkonkästen durchgängig Nahrung haben. Die Honigpumpe aus München gehört zu den neu entstandenen Initiativen. In Schwabing, Maxvorstadt, Sendling oder im Nymphenburger Schlosspark erzeugen ihre Bienen Stadtteilhonig, der an Regionalität nicht zu überbieten ist. Die Initiative „München summt“ platziert ihre Stöcke auf den Dächern prominenter Gebäude wie Gärtnerplatztheater, Landtag oder Pinakothek und gibt Anregungen, wie man seinen Balkon in ein Bienenparadies verwandeln kann. Daneben hält in vielen Städten und Gemeinden ein neues Hobby Einzug: Als Urban Beekeeper engagieren sich Hobbyimker für den Schutz der Nutzinsekten und ernten ihren eigenen Honig. Alles, was man dazu wissen muss, wird in Kursen vermittelt, die zum Beispiel der Landesverband Bayerischer Imker e.V. anbietet. Informationen dazu gibt es unter www.lvbi.de/imkern.html.


Claudia Mattuschat


Weitere Informationen:
www.bluehende-landschaft.de/
www.mellifera.de/
www.stadtimker.de
www.bienenhof-pausch.de/bienen_ethik.html
www.bienenretter.de