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OekomobilSpatz

Die Elektromobilität kommt trotz staatlicher Förderungen seit Jahren nicht recht vom Fleck. Auch wenn der Reiz des Neuen besteht und Fahrverbote in den Großstädten auf Grund der Feinstaubdebatte drohen: Viele Fahrer scheuen noch den Wechsel. Einerseits bemängeln sie das Fehlen eines weitflächigen Versorgungsnetzes, andererseits scheint ihnen die Technik noch nicht voll ausgereift. Doch die die e-mobile Zukunft hat schon zu rollen begonnen.

 

Nach rund vier Jahren Dieselskandal und intensiver Feinstaubdebatte hat die Automobilbranche die Elektromobilität endlich für sich entdeckt. So haben im vergangenen Jahr, nach Angaben des Handelsblatts, die 16 weltweit führenden Automobilkonzerne ihre Investitionen in diesem Bereich von 4,3 Milliarden Euro im Jahr 2017 für neue E-Auto-Werke oder den Aus- und Umbau bestehender Fabriken auf 8,4 Milliarden Euro fast verdoppelt.

Eile tut not, weil in Europa ab 2021 das verschärfte Klimaregime der EU gilt. Automobilhersteller, deren Neuwagenflotte dann mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstößt, müssen empfindliche Strafen fürchten. Zum Vergleich: BMW liegt momentan bei 128 Gramm, Daimler sogar bei 134 Gramm. Nur mit massiven Verkäufen von Elektroautos können die Hersteller gegensteuern – das ist jetzt allen Konzernlenkern klar.

E-Prämie wichtig für entscheidenden Impuls

Bis dahin ist aber noch viel zu tun: Nach Berechnungen einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Horváth & Partners werden Ende dieses Jahres rund 250.000 E-Mobile auf deutschen Straßen unterwegs sein. Bereits 2018 waren 150.000 Elektrofahrzeuge zugelassen, davon rund 83.000 rein elektrisch. Im Vergleich zum Jahr 2016 entspricht dies einer Steigerungsrate von 65 Prozent. Sollte das Wachstum in dieser Form anhalten, könnte das von 2020 auf 2022 angepasste Ziel der Bundesregierung auf eine Million Elektroautos erreicht werden.

Für die Entstehung eines echten Massenmarkts und ausreichend Margen für die Automobilindustrie wäre aber eine Verdoppelung der E-Prämie sowie noch mehr Modelle notwendig. Die aktuelle Nachfrage wird vor allem durch Plug-in-Hybride (Autos deren Antrieb sowohl mit einem Elektro- als auch einem Verbrennungsmotor betrieben wird) sowie der steigenden Reichweite neuer Elektromobile getrieben – beides wichtige Faktoren, um die Attraktivität der Stromer bei der Kaufentscheidung neuer Kunden zu steigern.

Die erste Million ist die schwerste

Positiv auf den Absatz wirkt auch die seit dem 1. Januar 2019 eingeführte Vergünstigung für Dienstwagen mit Elektro- oder Hybridantrieb, die für sämtliche Neuzulassungen bis 31. Dezember 2021 gilt. Die Bemessungsgrundlage für den geldwerten Vorteil halbiert sich, Arbeitnehmer müssen dann monatlich nur noch 0,5 Prozent des Listenpreises versteuern. Des Weiteren hat die Bundesregierung vor kurzem die Verlängerung der Umweltprämie („E-Prämie“) bis 2020 beschlossen.

Dass aber die bisherigen Maßnahmen für das Ziel der Bundesregierung bis 2022 über eine Million E-Autos auf Deutschlands Straßen fahren zu lassen nicht ausreichend sind, darüber stimmen sämtliche Experten überein. Zu sehr stehe man politisch auf der Bremse, obwohl der globale Markt über eine hohe Dynamik verfüge. Beispielsweise wurden im vergangenen Jahr nur acht neue reine Elektrofahrzeug-Modelle und -Varianten in den deutschen Markt eingeführt. Für dieses Jahr rechnen Marktbeobachter mit mehr als zehn neuen Modellen – insbesondere im Segment der Oberklasse. Aber auch wenn die Modellvielfalt in den nächsten Jahren steigen wird, ein massentaugliches E-Portfolio hat im Moment kein großer Hersteller im Programm oder bisher angekündigt.

Wird Elektroautos der Durchbruch bis 2022 gelingen?

Um dem Markt richtig Schwung zu geben, gilt eine Verdopplung der E-Prämie als unerlässlich. Anstatt mit bisher 2.000 Euro würde der Bund dann ein Elektroauto unter 30.000 Euro mit 4.000 Euro fördern. Das würde helfen die nach wie vor bestehenden Preisdifferenzen auszugleichen. Letztes Jahr lag beispielsweise der durchschnittliche Preisaufschlag für ein Elektroauto im Vergleich zum Verbrenner unter Berücksichtigung der E-Prämie bei fast 30 Prozent. In Verbindung mit Nachteilen wie der noch relativ geringen Reichweite sind die Kosten daher noch zu hoch – für Autokäufer bestehen einfach zu wenig Anreize.

Die elektromobile Zukunft dürfte in Deutschland dann Wirklichkeit werden, wenn das Millionenziel der Bundesregierung erreicht ist – also frühestens 2022. Dann ist davon auszugehen, dass die angeschobenen Marktmechanismen greifen und die Elektromobilität Verbrenner aus eigener Kraft ersetzt. Mit den erzielbaren Skaleneffekten könnten die Automobilhersteller dann auch bei Elektrofahrzeugen gute Gewinne erzielen. Für die deutschen Autobauer wäre dies zur Erfüllung der verschärften CO2-Vorgaben der EU sowie zum Erhalt ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit von hoher Bedeutung. Je früher der Schalter zum Massenmarkt umgelegt wird, desto besser.

Stephan Wild